Spitzwegerich soll bei 40 bis 50 Grad schnell getrocknet werden. Außerdem hat eine Tinktur daraus eine wesentlich stärkere therapeutische Wirksamkeit als das Teegetränk. Warum dem so ist und wozu man Spitzwegerich überhaupt verwendet, das sind nur einige der Themen, die im heutigen Artikel zu diesem alten Heilkraut angesprochen werden.
Spitzwegerich (lat. Plantago lanzeolata) versorgt Patienten mit einem Mix an Inhaltsstoffen aus verschiedensten Wirkstoffgruppen. Die Kombination ergibt ein stark entzündungshemmendes, antibakterielles, reizminderndes und immunstimulierendes Heilmittel. Im heutigen Artikel werden die Einsatzgebiete erklärt, die Wirkmechanismen bestmöglich aufgedeckt und der Spitzwegerich mit seinen Erkennungsmerkmalen vorgestellt.
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Spitzwegerich erkennen und finden
Plantago lanzeolata, wie der Spitzwegerich auf Latein genannt wird, heißt so viel wie „Lanzenförmige Schuhsohle“. Ob die Spitzwegerichblätter wirklich an lanzenförmige Schuhsohlen erinnern, muss jeder selbst entscheiden. Auf jeden Fall sind sie ziemlich lang und im Verhältnis zu ihrer Länge sehr schmal. Sie sind zugespitzt, leicht behaart und man erkennt deutlich 5 bis 7 parallele Nerven, vom Blattgrund bis zur Blattspitze verlaufend. Die Blätter sind am Rand ganz weit gezähnt (sehr unscheinbar, ungefähr alle Zentimeter ein Zähnchen, kann fehlen) und entspringen alle einer gemeinsamen Basis, einer so genannten Blattrosette, so wie der Stängel. Am blattlosen Stängel sitzt abschließend ein ährenförmiger Blütenstand.
Verwechslungsmöglichkeit zu anderen Gattungen besteht bei Spitzwegerich eher nicht. Was jedoch immer mal wieder vorkommt, ist eine Verwechslung mit dem Breitwegerich, dem Plantago major. Die Pflanze schaut nahezu ident aus, hat aber im Vergleich zu Spitzwegerich mehr Nerven in den Blättern (meistens 7 bis 9). Das heißt dann natürlich auch, dass er breitere Blätter hat, wo er dann wohl auch seinen Namen her hat.
Grundsätzlich wächst Breitwegerich eher auf Trittrasen, das heißt, er mag es wenn wir Menschen auf ihm rumtrampeln. Dem Spitzwegerich gefällt es besser in der Wiese, wo er seine Ruhe hat. Beide sind sonnenliebend und wachsen auf Ruderalflächen, also an Orten, die vom Menschen geprägt sind.
Eine Verwechslung von Spitz- und Breitwegerich ist nicht weiter schlimm. Beides sind ungiftige Pflanzen. Breitwegerich enthält aber deutlich weniger Wirkstoffe als Spitzwegerich.
richtiges Handhaben von Spitzwegerich
Spitzwegerich ist ein ziemlich empfindliches Kraut, wenn es um seine Inhaltsstoffe geht. Es kursieren zahlreiche Rezepte für Heilmittel, die wohl kaum oder keine Wirkung haben (außer natürlich Placebo). Grund dafür ist, dass mit dem Kraut falsch umgegangen wurde und sich die Wirkstoffe leider ab- oder umbauten.
In den Blättchen enthaltene Enzyme sorgen im frisch gepflückten Kraut für einen schnellen Abbau von antibakteriellen und entzündungshemmenden Inhaltsstoffen. Man kann dem Vorgang regelrecht zusehen. Innerhalb kürzester Zeit färben sich die Blättchen sehr dunkel. Um dem Abbau entgegen zu wirken, muss Spitzwegerich sehr schnell getrocknet werden. Dies macht man am besten bei Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad Celsius. Man kann dafür auch den Backofen verwenden.
Weiters sind einige Stoffe in Spitzwegerich (die antibakteriellen) hitzeempfindlich, was eine therapeutische Anwendung als Tee suboptimal werden lässt. Auch der sonst beliebte Frischpflanzenpresssaft hat seine Mängel. Gleich wie im frisch gepflückten Kraut kommt es in ihm innerhalb kürzester Zeit zum enzymatischen Abbau von Wirkstoffen. Am besten ist die Verwendung von Spitzwegerich-Tinktur.
Herstellung einer Spitzwegerichtinktur aus 1 Gewichtsteil Blätter mit Blütenstängel (z.B. 40 Gramm schnell getrocknetem Spitzwegerich) und 5 Gewichtsteilen 70%-igen Alkohol (in diesem Fall wären das dann 200 Gramm Alkohol). 7 Tage stehen lassen und täglich zweimal Schütteln. Dann Kraut Abseihen. Dunkel lagern! Dosierung: 3 mal täglich 20-40 Tropfen.
Tipp: Um Spitzwegerichtinktur bekömmlicher zu machen, kann man sie bei Verwendung unter einen beliebigen Sirup mischen, zum Beispiel Holundersirup!
Wie man Spitzwegerich in der Dermatologie verwendet, wird weiter unten genau erklärt.
Spitzwegerich als Hustenmittel
Zubereitungen aus Spitzwegerich sind erstaunlich starke Hustenmittel. Ihre Wirksamkeit ist sogar mit der von Codein, einem hustenstillenden Opiat, zu vergleichen. Verantwortlich für den Effekt sind zweierlei verschiedene Wirkstoffgruppen. Zunächst einmal lindern enthaltene Schleimstoffe den Hustenreiz. Sie hüllen die Schleimhäute ein und reduzieren damit das Kitzeln im Hals. Weiters entkrampft ein Stoff namens Acteosid die Bronchien.
Spitzwegerich wird besonders bei trockenem Husten eingesetzt. Bei verschleimten Atemwegsbeschwerden hingegen, greift man bevorzugt auf Thymian zurück, dessen Inhaltsstoffe zusätzlich schleimlösend wirken. Wie man ein Thymianextrakt herstellt, erfährst du hier. Einen ausführlichen Artikel zum Thymian gibt es hier.
Entzündungshemmendes Mittel Spitzwegerich
Vor allem bei Atemwegserkrankungen wie Bronchitis, aber auch bei Mund- und Rachenschleimhautentzündungen wird der Spitzwegerich aufgrund seiner entzündungshemmenden Wirkung gerne (co-)eingesetzt. Die Verwendung ist wissenschaftlich ausreichend bewiesen, so dass Spitzwegerich offiziell zu den Heilpflanzen gehört und als solche auch in der Apotheke angeboten wird.
Woher die entzüngshemmende Wirkung kommt, ist sehr komplex:
In Studien fand man heraus, dass das hustenreizmindernde Acteosid auch entzündungshemmende Eigenschaften besitzt. Neben Acteosid sorgen auch die in beträchtlichen Mengen vorhandenen Gerbstoffe des Spitzwegerichs für den positiven Effekt.
Gerbstoffe gehen eine Bindung mit den Proteinen unserer Schleimhautoberfläche ein und dichten diese damit ab. Sie schützen so vor äußeren Einflüssen und geben der Haut darunter die Möglichkeit sich in Ruhe zu regenerieren. Außerdem interagieren sie mit Zellen des Immunsystems, welche das Entzündungsgeschehen beeinflussen – in einer Form, die zu Entzündungslinderung führt.
Die enthaltenen Schleimstoffe haben eine immunstimulierende Eigenschaft, genau genommen kommt es zu einer vermehrten Antikörperbildung durch sie.
Spitzwegerich als pflanzliches Antibiotika
Spitzwegerich wird, wie der Thymian, oft als pflanzliches Antibiotikum bezeichnet. Früher, wo wir noch keine richtigen Antibiotika hatten, verwendete man ihn tatsächlich auch als solches.
Man muss sagen, das Kraut wird seinem Namen gerecht. In verschiedenen Experimenten konnten sich Spitzwegerichextrakte gegen unterschiedlichste Bakterien durchsetzen. Unter diesen befanden sich auch Gesellen, gegen die viele Antibiotika mittlerweile wirkungslos sind.
Verantwortlich für die antimikrobielle Aktivität sind die beiden Stoffe Aucubin und Catalpol. Diese sind stark hitzeempfindlich, weshalb von einem Spitzwergerichtee keine keimhemmende Wirkung mehr zu erwarten ist. Kaltextrakte oder Tinkturen (aus denen evtl. Hustensaft hergestellt wird) sind hier das Mittel der Wahl.
Achtung!! Spitzwegerichzubereitungen ersetzen keinstenfalls einen Gang zum Arzt und auch keine Therapie mit Antibiotikum.
Spitzwegerich in der Behandlung von Wunden, entzündlichen Hautveränderungen und Insektenstichen
Spitzwegerich ist mit seiner schützenden und entzündungshemmenden (Gerbstoffe, Schleimstoffe) Wirkung ein gern verwendetes Mittel bei entzündlichen Veränderungen der Haut. Wie weiter oben bereits erwähnt, muss das Kraut dafür aber richtig getrocknet werden. Die antibakterielle Aktivität von Aucubin und Catalpol, sowie die entzündungshemmende Wirkung von Acteosid kommt auf der Haut eher nicht an, da es zur Aktivierung Darmenzyme benötigt. Zwar können im sauren Milieu der Entzündung auch Zuckerreste von Verbindungen abgespaltet werden, Studien dazu, in welchem Umfang das geschehen würde, konnten nicht gefunden werden.
Geeignet für die Behandlung entzündlicher Hautveränderungen (z.B. Nagelbettentzündung, Juckflechte) ist ein Kaltauszug aus den richtig getrockneten Blättern (welcher dann als Umschlag auf der Haut angewendet wird) oder eine Creme, in die Spitzwegerichtinktur eingearbeitet wurde. Wer die Wirkung von Aucubin und Catalpol auf der entzündeten Haut ohnehin in Frage stellt, kann auch einen Heißauszug aus Spitzwegerich zur Umschlagbereitung verwenden.
Der Saft frisch zerstoßener Blätter, die aufgelegt werden, kann besonders helfen. Hier macht man sich in den Blättern enthaltene Enzyme zunutze, welche Aucubin, Catalpol und Acteosid aktivieren. Man umgeht somit die Aktivierung im Darm und kann die antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung der Stoffe auch auf der Haut erzielen.
Bitte wendet euch bei der Behandlung von offenen Wunden immer zuerst an einen Arzt oder Heilpraktiker. Da sollte man echt aufpassen!
Ein zusätzliches Einsatzgebiet des Spitzwegerichs sind Insektenstiche. Dabei wird zerstoßenes Frischkraut, aus dem Pflanzensaft austritt, auf den Stich aufgelegt. Schnell kommt es zu einem Abschwellen und zu einer Juckreizminderung. Beteiligt an der Wirkung sind die entzündungshemmenden, immunmodulierenden und gerbenden Stoffe, besonders aber Acteosid.